Samstag, 30. August 2008

McCain - Palin 2008

Das so genannte "ticket" steht: McCain - Palin 2008!

John McCain gelang es gestern, die US-Berichterstattung über Obamas Rede beim Parteitag der Demokraten zum Erliegen zu bringen. Um 12.00 Uhr Ortszeit stellte er in Ohio seinen "running mate" vor und überraschte die Experten. Nicht etwa ein Romney oder Lieberman wird an McCains Seite um den Einzug ins Weiße Haus kämpfen, sondern die Gouverneurin von Alaska Sarah Palin. Ihr Name war im Vorfeld zwar genannt worden, jedoch eher auf den letzten Plätzen der Liste der möglichen Vizepräsidentschaftskandidaten.

Zur Person: Sarah Palin ist 44 Jahre alt, verheiratet und hat fünf Kinder. Ihr jüngstes Kind kam erst im April dieses Jahres zur Welt und ist am Down Syndrom erkrankt. Ihr ältestes Kind verpflichtete sich vor einem Jahr bei der US Army und wird noch im September seinen Marschbefehl Richtung Irak erhalten.

Sarah Palin hat drei politische Ämter in der Vergangenheit inne gehabt: 1992 gelangte sie in den Stadtrat der Kleinstadt Wasilla und wurde 1996 dort Bürgermeisterin. Im Januar 2006 wurde sie Gouverneurin von Alaska.


Alle Optionen McCains, was den "running mate" betrifft, hatten ihre Vor- und Nachteile. Mitt Romney etwa hat zwar große Kompetenzen in der Wirtschaftspolitik und ist bekannt, kommt mit McCain allerdings nicht besonders gut aus. Mit Joe Lieberman kommt McCain zwar sehr gut aus, dieser ist jedoch ein unabhängiger Demokrat und hätte viele in der GOP vor den Kopf gestoßen. Und so weiter, uns so fort...

Palin bringt aus der Sicht McCains viele Vorteile mit: Sie ist Gouverneurin, hat also mehr Exekutiverfahrung als Obama und Biden zusammen. Sie ist Gouverneurin von Alaska, ist also kein "Washington-Insider". Sie ist jung, womit sie McCains relativ hohes Alter ausgleichen kann und sie ist eine Frau - so will McCain versuchen, die enttäuschten Hillary-Anhängerinnen dazu zu bewegen, ihr Kreuz hinter seinen Namen oder zumindest nicht hinter Obamas Namen zu machen. Außerdem hat nun auch das Ticket der Republikaner eine historische Dimension, da Palin die erste Frau im Vize-Präsidentenamt wäre. Sie setzt sich in Alaska gegen Korruption, big government und Geldverschwendung ein - Themen, die McCain wichtig sind und mit denen er für die Präsidentschaft kandidiert. Wie McCain gilt sie als jemand, der nicht immer die Parteilinie fährt. Ihr vielleicht größtes Plus für McCain: Sie ist strikt gegen Abtreibung, gegen Stammzellenforschung und für das Recht auf Waffen. Die erhoffte Wirkung hat bereits eingesetzt: Die Sozialkonservativen, die McCain gegenüber skeptisch sind, sind von Palin begeistert und ein neuer Enthusiasmus macht sich unter ihnen breit. Außerdem stimmt die Chemie zwischen Palin und McCain, was McCain sehr wichtig ist.

Ihr größter Nachteil: Die Tatsache, dass sie seit noch nicht einmal zwei Jahren Gouverneurin und erst 44 Jahre als ist. Ihre Erfahrung ist also begrenzt und im Bereich Außenpolitik und nationale Sicherheit so ziemlich gar nicht vorhanden - wäre sie also bereit, das Präsidentenamt zu übernehmen, sollte dem 72-jährige McCain etwas zu stoßen? Außerdem ist sie außerhalb Alaskas völlig unbekannt. Die Demokraten versuchen bereits fleißig, dies gegen die Republikaner einzusetzen. Die McCain-Palin Campaign hat jedoch keinen Grund, sich davon beeindrucken zu lassen. Palin hat, wie schon gesagt, immerhin zwei Jahre mehr Exekutiverfahrung als Biden und Obama zusammen. Keiner der beiden musste je einen Haushalt aufstellen oder auch nur einen einzigen Soldaten befehligen. Außerdem ist es immer noch ein Unterschied, ob der Junge, Unerfahrene für das Präsidentenamt (wie Obama) kandidiert, oder "nur" für das Vizepräsidentenamt. Es gibt also keinen Grund, das Argument der Unerfahrenheit nicht mehr gegen Obama zu verwenden, wie manche Kommentatoren empfehlen.

So hat also auch Sarah Palin ihre Nachteile für McCain, die von den Vorteilen jedoch mehr als aufgewogen werden. Alles in allem also eine gute Entscheidung. Ihre großen Tests kommen jedoch erst - schon in wenigen Tagen bei der Republican National Convention und vor allem in ihrer Fernsehdebatte mit Biden, die jetzt plötzlich sehr interessant geworden ist.
John McCain ist zumindest für den Moment ein überraschender Schachzug gelungen, der gerade in den Medien für viel Gesprächsstoff und damit Publicity sorgt. Nun darf man sich erst recht auf die am Montag beginnende Republican National Convention freuen!