Mittwoch, 30. Januar 2008

The Final State of the Union Address

"He shall from time to time give to the Congress information of the state of the union, and recommend to their consideration such measures as he shall judge necessary and expedient."

(US-Verfassung; Artikel 2, Absatz 3)

Gestern Nacht kam George Bush zum siebten Mal seiner verfassungsmäßigen Pflicht nach, einen Bericht zur Lage der Nation abzugeben. Zwei weitere Auftritte vor dem Kongress am 27.2.01 und am 20.9.01 gelten technisch gesehen nicht als Reden zur Lage der Nation. Die diesjährige Rede (die vielleicht auch Dank des Erscheinens von Laura, Jenna und Barbara rhetorisch eine der besseren war) stand zudem unter besonderem Vorzeichen, da sie die letzte dieser Art für Präsident Bush war.


Da der 43. Präsident der USA nur noch fast genau ein Jahr im Amt sein wird, waren im Vorfeld der Rede keine Ankündigungen großer Initiativen oder Gesetzesvorlagen erwartet worden. Und tatsächlich trug Bush den politischen Realitäten Rechnung und konzentrierte sich in seiner Rede statt dessen auf "unfinished business". Der Grundtenor der Rede war es, Vertrauen in die Bürger, ihre Entscheidungen und ihre Schaffenskraft zu haben, anstatt sich auf das "big government" zu verlassen. Dies spiegele Bushs Regierungsphilosophie wider, so Ed Gillespie, einer von Bushs Chefberatern.


Der erste Teil beschäftigte sich mit der Innenpolitik und das bedeutet dieser Tage Wirtschaftspolitik. Selbst die bloße Erwähnung des Wortes Rezession vermied Bush tunlichst und sprach statt dessen von einer "wirtschaftlichen Periode der Unsicherheit" und sich abschwächendem Wachstum. Er rief den Kongress dazu auf, schnellmöglichst das Stimulierungspaket, auf das sich Republikaner und Demokraten geeinigt hatten, zu verabschieden, sowie die bereits vor einigen Jahren durchgeführten Steuersenkungen beizubehalten. Seinen einzigen Lacher erntete Bush, als er in Anspielung auf eine frühere Bemerkung Bill Clintons, er würde auch freiwillig mehr Steuern zahlen, sagte: "Others have said they would personally be happy to pay higher taxes. I welcome their enthusiasm. I'm pleased to report that the IRS accepts both checks and money orders."

Besonders stark applaudierten die Republikaner in diesem ersten Teil der Rede, als George Bush auf das Problem "earmarks" zu sprechen kam; also Ausgaben, die von einzelnen Abgeordneten in den Tiefen von Gesetzestexten versteckt werden und oft gar nichts mit dem eigentlichen Inhalt eines Gesetzes zu tun haben. Besonders dreist wird es, wenn solche earmarks erst nach Verabschiedung eines Gesetzestextes in selbigen eingefügt werden. Earmarks sind der ultimative Horror eines jeden Fiskalkonservativen. Bush versprach, mit Vetos gegen Gesetze vorzugehen, die besonders viele earmarks enthalten.

In Sachen Gesundheitspolitik, Rentenversicherung, Bildungspolitik und Immigration erneuerte Bush seine schon lange existierenden Forderungen an den Kongress, zu handeln. Außerdem rief Bush nach weiteren bilateralen Handelsverträgen mit asiatischen und süd-amerikanischen Ländern, sowie einer Energie- und Umweltpolitik, die auf neue Technologien und den Einbezug aller Länder (also auch gerade einschließlich China) setzt.

Wie immer war es der außenpolitische Teil der Rede, der Bush besonders leidenschaftlich werden ließ. Nach der Pflicht also die Kür: Zunächst fasste er sowohl Momente der letzten Jahre zusammen, die in Sachen Freiheitsagenda optimistisch machen (Demokratiebewegungen in Georgien, der Ukraine und dem Libanon, sowie demokratische Wahlen in Afghanistan und dem Irak), als auch Momente, die er als "ernüchternd" beschrieb: Getötete demokratische Führer im Libanon und in Pakistan, sowie Anschläge auf Zivilisten in Afghanistan, dem Irak, Jordanien, London, Madrid und nicht zuletzt in den USA selbst.
Bush:
"Since 9/11, we have taken the fight to these terrorists and extremists. We will
stay on the offense, we will keep up the pressure, and we will deliver justice
to our enemies. We are engaged in the defining ideological struggle of the 21st
century. The terrorists oppose every principle of humanity and decency that we
hold dear. Yet in this war on terror, there is one thing we and our enemies
agree on: In the long run, men and women who are free to determine their own
destinies will reject terror and refuse to live in tyranny. And that is why the
terrorists are fighting to deny this choice to the people in Lebanon, Iraq,
Afghanistan, Pakistan, and the Palestinian Territories. And that is why, for the
security of America and the peace of the world, we are spreading the hope of
freedom."


Dank der "surge" konnte Bush den Irak in seiner Rede zur Lage der Nation zum ersten Mal seit langem eher auf der Haben-Seite verbuchen:
"While the enemy is still dangerous and more work remains, the American and
Iraqi surges have achieved results few of us could have imagined just one year
ago. When we met last year, many said that containing the violence was
impossible. A year later, high profile terrorist attacks are down, civilian
deaths are down, sectarian killings are down. [...] When we met last year, al
Qaeda had sanctuaries in many areas of Iraq, and their leaders had just offered
American forces safe passage out of the country. Today, it is al Qaeda that is
searching for safe passage. They have been driven from many of the strongholds
they once held, and over the past year, we've captured or killed thousands of
extremists in Iraq, including hundreds of key al Qaeda leaders and operatives."

Zum wiederholten Male rief Bush zu einem Frieden im Heiligen Land und zwei Staaten, Israel und Palästina, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben, auf. Während Nord-Korea nicht einmal erwähnt wurde, bekam der Iran sein Fett weg:
"Our message to the leaders of Iran is also clear: Verifiably suspend your
nuclear enrichment, so negotiations can begin. And to rejoin the community of
nations, come clean about your nuclear intentions and past actions, stop your
oppression at home, cease your support for terror abroad. But above all, know
this: America will confront those who threaten our troops. We will stand by our
allies, and we will defend our vital interests in the Persian Gulf."


Des weiteren erinnerte Bush den Kongress wieder einmal daran, dass weitere Terroranschläge auf amerikanischem Boden nicht allein durch Hoffen auf das Beste verhindert werden können. So rief er die beiden Kongress-Kammern dazu auf, ein Gesetz, das die wichtige Arbeit der Geheimdienste betrifft, zu verlängern.

Wie so oft wies der Präsident darauf hin, dass zum Krieg gegen die Wurzeln des Terrors auch der Kampf gegen Hunger und Krankheiten überall auf der Welt gehört.

Bush schloss die Rede, indem er auf den schon erwähnten Grundtenor seiner Rede zu sprechen kam: "By trusting the people, our Founders wagered that a great and noble nation could be built on the liberty that resides in the hearts of all men and women. By trusting the people, succeeding generations transformed our fragile young democracy into the most powerful nation on Earth and a beacon of hope for millions. And so long as we continue to trust the people, our nation will prosper, our liberty will be secure, and the state of our Union will remain strong. So tonight, with confidence in freedom's power, and trust in the people, let us set forth to do their business."


Wie schon gesagt, blieben mutige Vorhaben, große Initiativen und "axis-of-evil-Phrasen" diesmal aus. Statt dessen konzentrierte Bush sich auf Dinge, die er sowohl für wichtig als auch für, vielleicht sogar in diesem Jahr noch, machbar hielt. Für Menschen, die Bushs Reden kennen, war es "more of the same", was in Bushs Fall jedoch etwas Gutes ist. Außerdem zeigte er damit wieder einmal das, was seine Fans seit jeher an ihm schätzen: Consistency!

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