Die lang gestellte Frage, wer der 44. Präsident der USA sein wird ist letzte Nacht beantwortet worden: Barack Obama!
Nach den bisherigen Auszählungen erhält Obama 52% der Stimmen. Damit haben 63,5 Millionen Wähler für ihn gestimmt. Sein Kontrahent John McCain erhielt 46% der Stimmen oder 56 Millionen in absoluten Zahlen.
Damit hat Obama nur eine Million mehr Stimmen bekommen, als George Bush vor vier Jahren, jedoch gelang es Obama, zahlreiche Staaten auf seine Seite zu ziehen, die vor vier Jahren noch für die Republikaner stimmten. Dabei war der Verlust von Ohio, Florida, Indiana und Virginia besonders schmerzhaft. McCain verlor diese Staaten jedoch um einiges knapper als die Umfragen in den letzten Tagen vorhersagten. Der große Erdrutschsieg war es also nicht, den Obama da einfuhr. Und dass genau dieser Erdrutschsieg (am Anfang des Wahlkampfes schienen manche ja einen 48-Staaten-Sieg der Demokraten zu erwarten) nicht passierte, ist zumindest ein Sieg, auf den McCain heute schauen kann. In der Tat war vielleicht nie mehr möglich als das und auch wenn man auf die Kongresswahlen schaut, kann man sagen: Es hätte schlimmer kommen können!
Zu viele Faktoren, für die McCain nichts kann, sprachen gegen ihn: Als erstes die Tatsache, dass seine Partei bereits seit acht Jahren das Weiße Haus inne hat, zusätzlich noch mit einem unbeliebten Präsidenten. Und dann schlug natürlich auch noch die Finanzkrise zu - zu einer Zeit, als McCain gerade begann, das Blatt zu seinen Gunsten zu wenden. Es war einfach so, dass bei den Republikanern fast alles perfekt und bei den Demokraten fast alles schlecht hätte laufen müssen, um einen Sieg der GOP zu erreichen. Nichts von beidem war letztlich der Fall.
Von Anfang an sprach alles gegen den republikanischen Kandidaten, egal wie sein Name war. McCain hatte eine undankbare Aufgabe. Und er hat mit Sarah Palin zusammen das Maximum rausgeholt. Dafür gebührt beiden Dank und Anerkennung. John McCain wird seinen Weg im US-Senat weiter gehen und von Sarah Palin hört man ja möglicherweise in vier Jahren wieder.
Barack Obama hat den besseren Wahlkampf geführt. Man kann über die einzelnen inhaltlichen Positionen lamentieren - und Gott weiß, es gibt viel zu lamentieren - aber er hat letztlich eine Botschaft gefunden, die zumindest 52% der Amerikaner angesprochen hat. Und das reicht nun mal zum Sieg. Wie gesagt: Diese 52% sind kein Erdrutschsieg und wenn man sich die Anti-Republikaner-Stimmung dieser Tage anschaut, sind diese 52% sogar enttäuschend. Dies sollte Obama die Demut und Nachdenklichkeit geben, die ihm bei seiner Siegesrede durchaus bereits anzusehen war. Der Sieg des ersten schwarzen Präsidentschaftskandidaten ist endlich mal das Wort "historisch" wert, keine Frage. Niemand sollte die Bedeutung dieses Ereignisses unterschätzen. Und wenn jetzt sogar schon von Europäern ehrfürchtig zu hören ist, "only in America" sei dies möglich, dann dürfen selbst Republikaner stolz sein. Der Unterschied zwischen Leuten wie Jürgen Todenhöfer, die jetzt durch die deutschen Talkshows tingeln und mit leuchtenden Augen Amerika ihre Liebe gestehen (oder auch Michelle Obama, die jetzt wohl zum zweiten Mal in ihrem Leben stolz auf ihr Land ist) auf der einen Seite und zum Beispiel diesem Blog auf der anderen ist, dass wir dieses Land auch schon lange vor dem 5. November 2008 geliebt und verehrt haben und dass das auch nach der Obama-Präsidentschaft so bleiben wird. Wir wussten schon lange vorher, wozu dieses Land fähig ist. Das heißt, es wird nicht vier Jahre sondern wohl eher vier Monate dauern bis die USA-Liebe von Leuten wie Todenhöfer wieder erloschen sein wird - nämlich dann, wenn Obama zum ersten Mal nach mehr deutschem Engagement in Afghanistan ruft oder die ersten Raketen in den pakistanischen Luftraum fliegen.
Viele pathetische Kommentare zu diesem historischen Ereignis sind schön und angebracht. Wie zum Beispiel der einer schwarzen Obama-Unterstützerin: "Vom Sklavenschiff zur Präsidentschaft. Nur in Amerika ist dies möglich." Etwas befremdlicher findet dieser Blog jedoch Sätze wie diesen hier aus Obamas Siegesrede: "If there is anyone out there who still doubts that America is a place where all things are possible; who still wonders if the dream of our founders is alive in our time; who still questions the power of our democracy, tonight is your answer." Was bitte soll das im Umkehrschluss bedeuten? Wenn McCain gewählt worden wäre, wäre der Traum der Gründerväter tot gewesen und die amerikanische Demokratie hätte man in die Tonne kloppen können? Nein, Herr Obama, ein Sieg McCains wäre genauso demokratisch gewesen und hätte genauso dem Traum der Gründerväter entsprochen wie Ihrer.
Politische Mehrheiten werden zu Minderheiten und umgekehrt. So ist das nun mal in vitalen Demokratien wie in den USA. Es stellte sich heraus, dass die großen Siege der GOP 2002 und 2004 keine jahrzehntelange konservative Vorherrschaft einleuteten. Genauso wenig, wie dieser Sieg der Demokraten der Anfang einer jahrzehntelangen "liberal" Vorherrschaft ist. Mit dem Weißen Haus und den deutlichen Mehrheiten im Kongress haben die Demokraten jetzt so was wie Narrenfreiheit. Und da "Narrenfreiheit" hier wörtlich zu nehmen ist, werden die US-Wähler in vier Jahren bereits die Nase voll haben (die ersten Namen, die so für Kabinettsposten kursieren lassen bereits Schlimmes erahnen). John McCain kämpfte in diesem Wahlkampf auch gegen die Tatsache, dass in den USA eine Partei nach einer achtjährigen Präsidentschaft meistens keine weitere mehr bekommt. Den Republikanern sollte die Frage "wie oft hat es drei achtjährige Präsidentschaften hintereinander gegeben" Hoffnung für die nächste Wahl machen.
Die Republikaner sollten sich vor Augen führen, dass solche Niederlagen immer eine Chance sind - die Chance, zu lernen, sich inhaltlich wie personell zu erneuern und nach vier Jahren Opposition mit neuer Kraft anzugreifen. Man muss sie nur nutzen.
Diesen Blog würde es nicht überraschen, wenn Obama, da er seine leeren Worthülsen jetzt mit Inhalt füllen muss, seine Präsidentschaft bereits in den ersten vier Jahren an die Wand fahren würde. Keine Sorge, dieser Blog wünscht sich das nicht und hofft sogar, dass es nicht so kommen wird - nicht wegen Obama, sondern wegen Amerika.
Zum Schluss dieses Posts noch zwei Sätze von Ann Coulter: "For now, we have a new president-elect. In the spirit of reaching across the aisle, we owe it to the Democrats to show their president the exact same kind of respect and loyalty that they have shown our recent Republican president."
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