Heute Nacht fand die zweite von drei Präsidentschaftsdebatten statt. Das besondere an der Debatte war ihr Format: Ein Townhall-Meeting. Das bedeutet, dass nicht nur der Moderator Tom Brokaw, sondern auch ganz normale Amerikaner den Kandidaten Fragen stellen durften. Diese ganz normalen Amerikaner saßen um die beiden Kandidaten herum. McCain und Obama standen nicht hinter Pulten, sondern saßen auf barhockerähnlichen Stühlen und während sie eine Frage beantworteten, durften sie im Rund herumgehen. Dieses Format ist also lockerer und persönlicher. Schon George W. Bush war bekannt dafür, genau diese Attribute zu mögen und gleiches gilt für McCain. Er hat im Wahlkampf bereits hunderte von Townhall-Meetings gehabt und es heißt, er sei dabei gewitzt, schlagfertig und einnehmend. So waren die Erwartungen McCain gegenüber recht hoch.
Schon bald nach Debattenschluss nannten die ersten Experten und Kommentatoren die vorangegangenen 90 Minuten flach und langweilig. Dies allerdings ausschließlich dem Format anzulasten, erscheint diesem Blog nicht richtig; müssen die Kandidaten sich in einer Townhall-Debatte doch mit den Menschen direkt auseinander setzen, von denen sie gewählt werden wollen. Können sie im Format der ersten Debatte über das Volk sprechen, müssen sie in einer Townhall-Debatte mit ihm sprechen. Wie so oft sind es eher die von den beiden Präsidentschaftskandidaten ausgehandelten strikten Regeln, die jede Lebendigkeit im Keim ersticken. Speziell bei dieser Debatte waren die Regeln sowieso nach kurzer Zeit obsolet, da beide Kandidaten sich einfach so viel Zeit für ihre Antworten nahmen, wie es ihnen gefiel. Dem altgedienten Moderator Tom Brokaw gelang es nicht, die Kontrolle über die Debatte zurückzugewinnen.
Auch inhaltlich war es der Abend der verpassten Chancen. Da er in den Umfragen zurück liegt, gilt das vor allem für John McCain. Als Obama wieder einmal anführte, er werde für 95 Prozent der Amerikaner die Steuern senken, hätte McCain endlich einmal darauf hinweisen müssen, dass die unteren 40 Prozent der arbeitenden Amerikaner gar keine Steuern zahlen. Diese würden also eine Steuergutschrift erhalten, was eine weitere Vergrößerung der Staatsausgaben bedeutet und keine Steuersenkung.
Konservative Kommentatoren fragten sich, warum McCain den Namen Ayers in der Debatte nicht nannte. Dieser Blog pflichtet allerdings Karl Rove bei, der sagte, das Thema Ayers auf den Tisch zu bringen wäre nicht klug gewesen, da es keine Frage gegeben hat, die auch nur annähernd mit diesem Thema zu tun gehabt hat. Ein Thema wie die Sache mit Ayers sollte man nicht aus heiterem Himmel in so einer TV-Debatte anschneiden.
Es gab eigentlich nur eine Aussage an diesem Abend, die "news worthy" war - CNN hat stets die meisten Kommentaroren in der Vor- und Nachberichterstattung sitzen ("the best political team on television", wenn man Wolf Blitzer Glauben schenkt), keinem von ihnen war dies jedoch auf Anhieb aufgefallen. Nur die Kommentatoren bei Fox News ("the best political team EVER", wie man dort manchmal scherzhaft CNN antwortet) kamen sofort nach Debattenende darauf zu sprechen: John McCain hat in der Debatte quasi einen eigenen "Bailout-Plan" vorgeschlagen: Den American Homeownership Resurgence Plan.
Die McCain-Campaign erklärt das ganze so: "The McCain Resurgence Plan would purchase mortgages directly from homeowners and mortgage servicers, and replace them with manageable, fixed-rate mortgages that will keep families in their homes. By purchasing the existing, failing mortgages, the McCain Resurgence Plan will eliminate uncertainty over defaults, support the value of mortgage-backed derivatives and alleviate risks that are freezing financial markets." Fiskalkonservative springen im Dreieck, da dieses Vorhaben 300 Milliarden Dollar kostet.
Stark war McCain sicherlich, als er die Verstrickungen der Demokraten mit dem Elend bei Fannie Mae und Freddie Mac zum Thema machte. Dies hätte jedoch noch etwas deutlicher geschehen können, da es ein sehr starkes Argument gegen Obama ist.
Ein besonders delikater Moment in der Debatte war folgender: Als es um ein Energiegesetz von Bush, das McCain ablehnt, ging, sagte McCain: "You know who voted for it? You might never know: that one." Dabei zeigte er mit dem Zeigefinger auf Obama. Der Aufschrei war groß und mehrheitlich wurden diese zwei Worte - "that one" - als respektlos und unangebracht gewertet. Newsday nannte es den ersten "oh-no-he-didn't moment" in den diesjährigen Debatten. Dieser Blog vermutet, dass das Entsetzen bei den Demokraten daher rührt, dass McCain sich versprochen hat; sie hätten viel eher erwartet, dass McCain Obama gefälligst mit "The One" anzusprechen hat. Auch "The Chosen One" wäre noch akzeptabel gewesen.
Die Präsidentschaftsdebatten 2008 gehen in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag in die nächste und letzte Runde. Thema wird die Innenpolitik sein.
1 Kommentar:
Ich liebe das CNN-Panel! Besonders Gloria Borger und Leslie Sanchez! Werde nachher auch mal wieder was bloggen...
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