Donnerstag, 22. Januar 2009

Der Machtwechsel

Vorgestern fand nun also die Amtseinführung des 44. Präsidenten der USA statt.

Ein paar Anmerkungen:


Insgesamt fand das erwartete Programm einer Inauguration statt. Bemerkenswert waren natürlich die geschätzten zwei Millionen Menschen auf der National Mall. Wer schon mal in Washington war, kann sich vorstellen, wie schwer es sein muss, die riesige Mall fast vollständig mit Menschen zu füllen. Die Amtseinführung von Barack Obama hat es möglich gemacht. Ein Kompliment muss hier auch an die Sicherheitskräfte gehen, die einen friedlichen Tag hinbekommen haben.


Die mehrheitlich Demokratische Menschenmenge zeigte jedoch ihre mangelnde Klasse, als George Bush vereinzelt ausgebuht wurde, als er bei den Feierlichkeiten angekündigt wurde und die Plattform am Kapitol betrat.


So wenig Klasse die Demokraten zeigten, so viel Größe zeigte George Bush. Für uns Bush-Fans war der gestrige Tag hart. Bushs gute Laune zu sehen, war aber immens tröstlich. Er lächelte und Lachte mehr als Obama, dem die Nervosität speziell zu Anfang deutlich anzumerken war. Als Obama durch das Kapitol Richtung Plattform ging, sah er aus, als sei er auf dem Weg zum Schafott.

Bush hingegen war locker und gut gelaunt. Man konnte ihm ansehen, wie sehr im Reinen mit sich selbst er sein Amt verließ und wie froh er war, sein neues Leben in Texas beginnen zu können; so sehr er sein Amt auch gemocht hatte. Wie er schon angekündigt hatte, freute sich Bush über seinen Platz in der ersten Reihe bei diesem historischen Event. Auch Obama gegenüber war Bush gewohnt großmütig. Irgendwann hat dieser Blog aufgehört zu zählen, wie oft Bush Obamas Hand schüttelte und ihn umarmte. Ganz besonders schön war Bushs innige Umarmung direkt nachdem Obama den Amtseid abgeleistet hatte. Die Gesten zwischen den Obamas und den Bushs wirkten überhaupt sehr herzlich und aufrichtig. Hier haben sich vier Leute in den letzten Monaten schätzen gelernt.


Noch einmal zu Bush: Der besonders harte Moment für alle Bush-Fans war wohl der, als Bush an der Ostseite des Kapitols den Hubschrauber bestieg und wegflog. Die Obamas und Bidens, die die Bushs zu Marine One gebracht hatten, um die endgültige Übergabe der Macht zu zelebrieren, winkten dem Hubschrauber nach.

Marine One flog noch ein letztes Mal über die Mall und verließ seine normale Flugroute Richtung Andrews Air Force Base, um über dem Weißen Haus zu kreisen, sodass Bush einen letzten Blick auf sein Heim der letzten acht Jahre werfen konnte.

An der Andrews Air Force Base angekommen, verabschiedete sich zunächst die Crew der Air Force One von Bush und man konnte die gegenseitige Zuneigung klar sehen. Für Bush schien es ein emotionaler Moment zu sein.

Anschließend ging Bush in einen Hangar, wo 4500 ehemalige Mitarbeiter, Weggefährten und Unterstützer auf ihn warteten. Dort hielt Bush eine kurze Rede und verabschiedete sich von ihnen. Das Ganze fand leider hinter verschlossenen Türen statt und die Kommentatoren der US-Sender erinnerten sich witzelnd an Bill Clinton, wie dieser vor acht Jahren eine riesen Versammlung auf dem Rollfeld abhielt und gar nicht mehr aufhörte zu reden und sich zu verabschieden. Ein Fox-Kommentator nannte es „the longest goodbye ever“. Hier war einmal mehr Bushs Größe zu sehen, da er dies Obamas Tag sein ließ und sich nicht unnötig produzierte.

Dann bestieg George Bush mit einem letzten Winken die Air Force One und verließ Washington wenige Minuten später. Auch dies ein besonderer Moment: Wie die Air Force One immer höher stieg und in der Ferne schließlich immer kleiner wurde. An Bord der Air Force One waren Bushs Eltern und seine Töchter, Ehrengäste und viele Weggefährten der letzten acht Jahre. Der ehemalige Justizminister Alberto Gonzalez erzählte, Bush sei den ganzen Flug hindurch durch das Flugzeug gegangen und habe mit jedem ein paar Worte gewechselt. Ihn selbst habe Bush auf die Stirn geküsst und gesagt: „Stay strong!“ Außerdem sei ein Video gezeigt worden, dass das Weiße Haus heimlich für Bush zusammengestellt hatte. Darin wurde auf die letzten acht Jahre zurückgeblickt und Bushs Mitarbeiter richteten kurze Botschaften an ihren ehemaligen Boss.

Nach vier Stunden war Bush in Midland, Texas angekommen. Trotz Crawford und Dallas ist Midland Bushs eigentliche Heimatstadt. Hier wuchs er als Kind auf. Hier lernte er Laura Welch kennen und hier heiratete er sie.

Auf einem Platz in der Innenstadt wartete ein „Hero’s welcome“ auf Bush. 25000 Menschen, darunter der Gouverneur von Texas und andere Ehrengäste, hatten sich versammelt, jubelten und schwenkten riesige „Dabbeljus“. In ihren Augen war ihr „favorite son“ wieder dort wo er hingehörte: Zuhause in Texas. Acht Jahre lang hatten sie ihn an Washington und ganz Amerika ausgeliehen. Jetzt war er wie versprochen zurück. Bush hielt eine kleine Ansprache, die eine sehr gute Farewell Address gewesen wäre: Sehr witzig und heiter und voller Dankbarkeit. Wieder einmal verteidigte Bush die Errungenschaften seiner Präsidentschaft und betonte, dass er in den letzten acht Jahren vor allem eines gesehen habe: Die Großartigkeit des amerikanischen Volkes. Die Menschen vor ihm bejubelten fast jeden Satz. Natürlich war es auch ein emotionaler Auftritt für Bush. Mehr als einmal, aber speziell nach einem Zwischenruf aus der Menge („We’re proud of you“), traten Bush Tränen in die Augen und seine Stimme brach.

Dieser Auftritt war ein würdiger Abschluss einer großen Präsidentschaft.

Bei allen Szenen, die den Bush-Abschied betrafen war übrigens der Unterschied zwischen CNN und Fox News zu sehen. Fox News übertrug den Abflug von Marine One und später von der Air Force One, sowie die Rede in Midland, zumindest im Split Screen. CNN übertrug nur den Abflug von Marine One und das auch nur, weil da Obama dabei stand. Es ist nun mal so, dass es an einem solchen Tag zwar hauptsächlich um die Ankunft des neuen Präsidenten geht, aber eben auch um den Abschied vom alten Präsidenten. Letzteres kam bei CNN fast gar nicht vor. Bei Bill Clinton vor acht Jahren ist das bestimmt noch anders gewesen. Hier kann sich Fox News-Chef Roger Ailes bestätigt sehen, der immer wieder sagt, dass die Konservativen auf den anderen Sendern schlicht nicht präsent sind.


Zurück zur Amtseinführung: Besonders lustig oder peinlich, je nach dem, war Obamas Vereidigung. Chief Justice Roberts, der eine solche Vereidigung zum ersten Mal vornahm, hatte sich den Eid klugerweise nicht aufgeschrieben. Auswendig gelernt hatte er ihn offensichtlich auch nicht gut, denn gleich am Anfang brachte er einiges durcheinander. Statt zu sagen: „…that I will faithfully execute the office of President of the United States…”, sagte er: “…that I will execute the office to President of the United States faithfully…”. Obama war vollends verwirrt, da er anscheinend wusste, wie der Eid korrekt lauten muss. Nach ein bisschen Gestottere und Berichtigungen war es dann aber doch vollbracht. Laut CNN war Obama übrigens schon amtierender Präsident, bevor er den Eid sprach. Die Verfassung bestimmt nämlich, dass sich die Präsidentschaft alle vier Jahre am 20. Januar um 12 Uhr Washingtoner Zeit überträgt; ob man den Eid nun gesprochen hat oder nicht. Obama hat den Eid aber auf Grund des verzögerten Programms vorher erst einige Minuten nach 12 Uhr abgelegt. Trotzdem haben Obama und der Chief Justice gestern den Eid noch einmal im Weißen Haus gesprochen. Nur um sicher zu gehen, dass Obama auch wirklich die Worte gesprochen hat, die auch in der Verfassung stehen.


Die Inaugural Address ging fast 20 Minuten. Obama trug sie zwar gewohnt gut vor und sie hatte die richtige Portion amerikanischen Pathos in sich, historisch war sie aber nicht. Auf CNN und Fox News war man sich einig, dass es in dieser Rede keine Zeile gab, die für die Jahrhunderte geschrieben wurde. Zu Anfang war die Rede zu düster. Dass dies ernste Zeiten sind, hat wohl auch der Letzte mittlerweile verstanden. Erst in der zweiten, in der außenpolitischen Hälfte, war dann auch der ein oder andere Satz für die Republikaner dabei: „We will not apologize for our way of life, nor will we waiver in its defense. And for those who seek to advance their aims by inducing terror and slaughtering innocence, we say to you now that our spirit is stronger and cannot be broken. You cannot outlast us, and we will defeat you.” Drei starke Sätze mit denen dieser Blog vollständig einverstanden ist und der einige Träumer in Deutschland hoffentlich in die Realität zurückgeholt hat.

Ein paar Seitenhiebe auf die Bush-Administration konnte sich Obama natürlich nicht verkneifen, wie zum Beispiel: „We reject as false the choice between our safety and our ideals.“ Obama wird früh genug merken, dass es diese Wahl leider manchmal gibt.

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