Montag, 19. Januar 2009

Goodbye (Teil 13)

Zwei Mal stand sein Name neben dem von George W. Bush auf Millionen amerikanischer Wahlzettel, er war acht Jahre lang die Nummer Zwei der einzigen Supermacht und nur einen Herzschlag von der Präsidentschaft entfernt: Dick Cheney.

Eigentlich beauftragte George Bush Dick Cheney im Jahr 2000 damit, einen geeigneten Vizepräsidentschaftskandidaten zu finden. Die Vorschläge, die Dick Cheney unterbreitete, scheinen nicht gut gewesen zu sein, denn die Geschichte endete damit, dass George Bush schließlich Cheney selbst fragte, ob dieser mit ihm kandidieren würde. Cheney lehnte ab und Bush blieb hartnäckig. Diese Hartnäckigkeit beeindruckte Cheney irgendwann so sehr, dass er schließlich doch zusagte. Allerdings mit der Bedingung, dass er selbst nie für das Präsidentenamt kandidieren würde.

Heute, acht Jahre später, ist Cheney kontroverser als Bush selbst. Er wird der vielleicht mächtigste Vizepräsidenten der Vereinigten Staaten genannt. Und sein hoher Bekanntheitsgrad in aller Welt lässt vermuten, dass dies stimmt.

Seine Feinde sehen in ihm die graue Emminenz der Bush-Administration, einen Darth Vader, der Strippenzieher im Hintergrund, der eigentliche Präsident, der Bush nach seiner Pfeife tanzen ließ. Sie hassen ihn mindestens so sehr wie Bush und finden, dass er schon lange ein Amtsenthebungsverfahren verdient gehabt hätte. Doch Dick Cheney hat sich um diese Sachen nie sonderlich geschert. Er hat darüber eine ähnliche Meinung wie Bush: Ich bin hier um meinen Job zu machen, nach meinen Überzeugungen zu handeln, und nicht um einen Beliebtheitswettbewerb zu gewinnen.

Seine Freunde sehen in ihm einen genialen Außenpolitiker, einen treuen Begleiter Bushs, der dessen Präsidentschaft eine neokonservative Richtung gegeben hat. Sie sehen in ihm keinen Darth Vader, sondern sehr wohl einen Mann mit Seele, Herz und Gefühlen, was sich zeigt, wann immer er seine Enkelkinder um sich hat oder verwundete Soldaten in Militärkrankenhäusern besucht.

Für einen angehenden US-Präsidenten gibt es vor der eigentlichen Präsidentschaft keine wichtigere Entscheidung , als die Auswahl des so genannten "running mate": Er ist der Mensch, mit dem man zwei Mal in den Wahlkampf zieht und zusammen auf dem Wahlzettel steht. Es ist der Mensch, der zumindest theoretisch der engste Berater und Begleiter sein soll. Und vor allem ist es der Mensch, dem man zutraut, im Falle eines Falles die eigene Präsidentschaft weiter zu führen.

Und dennoch gab es in der Vergangenheit oft Spannungen zwischen Präsidenten und Vizepräsidenten. Die Probleme tauchten dabei vor allem in der zweiten Amtszeit auf, nämlich dann, wenn der Vize versuchte, sich zu profilieren, um eine Chance bei der kommenden Präsidentschaftswahl zu haben. Zwangsläufig muss man sich dann von seinem Boss distanzieren und eine eigene Agenda verfolgen.

Schon weil Cheney nie Präsident werden wollte, hatte Bush solche Probleme nicht. Cheneys Verhalten Bush gegenüber kann vor allem mit einem Wort beschrieben werden: Loyal. Nicht ein einziges Mal hat Cheney sich in der Öffentlichkeit negativ über George Bush geäußert. Nicht eine Entscheidung von ihm hat Cheney öffentlich kritisiert. Im Gegenteil: Cheney trug jede Entscheidung zu 100 Prozent mit und verteidigte Bush bei jeder Gelegenheit. Auch, wenn Bush eine Entscheidung gefällt hatte, mit der Cheney nicht einverstanden gewesen war. Und bei all dem hielt sich Cheney immer im Hintergrund und überließ Bush das Scheinwerferlicht.
Bush dankte es, indem er Cheneys Loyalität vollständig zurück gab. Mehr als einmal wurde Cheneys Rausschmiss gefordert und Bush hätte sich bei vielen seiner Kritiker einschleimen können, wenn er dem Ruf gefolgt wäre. Die angeschlagene Gesundheit Cheneys wäre sicherlich eine gute Ausrede gewesen. Aber George Bush hielt die gesamten acht Jahre an Cheney fest und meinte jedes Wort, wenn er in seinen Reden sagte, wie dankbar er sei, Cheney an seiner Seite zu haben.

Unvergessenes: Zwei Mal war Cheney für ein paar Stunden amtierender Präsident der USA, als sich George Bush unter Narkose Darmspiegelungen unterzog.
Im Wahlkampf 2000 übersah Bush bei einer Wahlkampfveranstaltung, dass sein Mikrophon an war, zeigte auf einen Journalisten im Publikum und sagte zu Cheney: "There's Adam Clymer, major league asshole from the New York Times." Daraufhin kicherte Cheney und sagte nur: "Yeah, big time."
Nach dem 11. September verbrachte Cheney Monate lang mehr Zeit an irgendwelchen geheim gehaltenen Orten als im Weißen Haus. Aufgrund der Terrorgefahr sollten Bush und Cheney so wenig wie möglich gleichzeitig an einem Ort sein, um die Kontinuität der Regierung zu wahren, falls George Bush etwas passieren würde.
Sowohl 2000 als auch 2004 steuerte Cheney stolz die drei Wahlmännerstimmen seines Heimatstaates Wyoming bei. Drei Wahlmännerstimmen sind eigentlich nicht der Rede Wert - im Jahr 2000 haben sie George Bush die Präsidentschaft gebracht.

In einem seiner letzten Interviews sagte Cheney: "I loved it. It's been a great job. It's been obviously a tremendous challenge. I'd spent 25 years in government when I left the Defense Department back in 1993; decided I'd go spend the rest of my career in the private sector, and then the President tapped me to come be his running mate. And it's been a remarkable experience. I wouldn't have missed it for the world."

Nach mehr als 30 Jahren in der Politik kann sich Dick Cheney jetzt endlich zur Ruhe setzen. George Bush hätte sich keinen besseren Vizepräsidenten wünschen können. Dafür, dass er Bush in jeder Sekunde mit Rat und Treue zur Seite stand, gebührt ihm Dank! Wäre George Bush als gefährdetstem Mann der Welt tatsächlich etwas zugestoßen, wäre die Präsidentschaft in guten Händen gewesen. Ein beruhigender Gedanke.

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