Sonntag, 25. Januar 2009

Präsident Obama - die ersten Tage

Seine Fans in den US-Medien werden nicht müde, Barack Obama einen tollen Start in seine Präsidentschaft zu bescheinigen. Es scheint für sie noch nichts gegeben zu haben, was auch nur klitze-kleinste Abstriche an ihrer Überzeugung rechtfertigen würde, wonach Obama der größte US-Präsident aller Zeiten ist.

Hier ein paar Vorschläge von Seiten dieses Blogs:

Barack Obama hat eine Regel gebrochen, die sowohl für Ronald Reagan als auch für George W. Bush heilig war: Das Oval Office aus Respekt immer in voller Arbeitskleidung (inklusive Jacket und Krawatte) zu betreten. Eines der ersten Fotos zeigt Obama telefonierend am Schreibtisch im Oval Office - ohne Jacket. Ob das nun was von Ärmelhochkrempeln hat oder respektlos ist, kann jeder für sich entscheiden.

Nun ist sie also raus - die Executive Order zur Schließung des Gefangenenlagers auf Guantanamo Bay. Darin heißt es, dass die Schließung so schnell wie möglich, spätestens aber in einem Jahr, erfolgen soll. Vieles, was in dieser Executive Order steht, ist recht vage. So heißt es, dass für diejenigen, die möglicherweise eine Straftat begangen haben, erst noch rausgefunden werden muss, wie sie am besten strafrechtlich verfolgt werden können. Überhaupt müsse erst einmal bei jedem Gefangenen geprüft werden, was er denn sozusagen auf dem Kerbholz hat. Nach allem, was man so hört, können die Gefangenen auf Gitmo wohl in drei Lager eingeteilt werden: Einige sind unschuldig, waren bei ihrer Festnahme also nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Schon die Bush-Administration hätte diese Gefangenen gerne entlassen, allerdings droht ihnen in ihren Heimatländern Folter, weshalb sie nicht entlassen werden konnten (so viel zu den menschenverachtenden USA). Die zweite Gruppe umfasst Leute, die sich strafbar gemacht haben und für die man geeignete Gerichtsverfahren finden muss. Die Bush-Administration hat hier die so genannten Militärkommisssionen geschaffen. Die dritte Gruppe umfasst Leute, die Rumsfeld einmal "the worst of the worst" genannt hat: Monster wie Khalid Scheich Mohammed, der als "Mastermind" des 11. September gilt.
Für alle drei Gruppen muss also erst einmal herausgefunden werden, wie man mit den jeweiligen Leuten zukünftig verfahren kann und soll, bevor man großspurig von der Schließung Gitmos sprechen kann. Vor der Obama-Administration liegt also noch einiges an Arbeit und ob der Zeitplan von einem Jahr eingehalten werden kann, ist mehr als fraglich. Denkbar ist auch, dass Obama sich mit dieser Executive Order erst einmal den linken Flügel der Dems vom Kragen halten wollte und Gitmo in zwei Jahren noch immer da sein wird; wogegen dieser Blog nichts einzuwänden hätte.
Lustig ist auch, wie Kongressabgeordnete der GOP sich in Vorschlägen überbieten, die Gitmo-Gefangenen doch in Demokratischen Wahlkreisen unterzubringen, wenn die Dems Gitmo schon schließen wollen. Der neueste Vorschlag ist, die Gefangenen nach Alcatraz zu bringen, das in Nancy Pelosis Wahlkreis liegt. Pelosi ist darüber allerdings "not amused".
Aufsehen erregt hat ein Bericht des Pentagon, wonach 61 ehemalige Gitmo-Insassen, die aus dem Gefängnis entlassen wurden, wieder "rückfällig" geworden sind. Bei 18 von ihnen sei erwiesen, dass sie wieder auf den Schlachtfeldern des Jihad unterwegs sind. Und wenn es nur einer gewesen wäre, wäre das schon zu viel gewesen. So viel zu der weit verbreiteten Annahme, die Gitmo-Insassen seien doch gar nicht so schlimm.
Auch im Bereich der Antiterrormaßnahmen der Bush-Administration (Abhören, Verhörmethoden, etc.) will die Obama-Truppe Abstriche machen.
Wie's also aussieht, sollte sich Obama schon mal auf ein paar Fragen gefasst machen, nachdem der nächste Terroranschlag die USA heimgesucht hat. Falls er nämlich glaubt, die Medien werden sich dann daran erinnern, dass sie selbst diese Abstriche gefordert haben, hat er sich geschnitten.

Bei einer Sitzung mit den Kongressführern beider Parteien hat Obama den Republikanern klar gesagt, wo der Hammer hängt. Es ging um das Konjunkturpaket, das Obama auf den Weg bringen will. Zwar haben die Demokraten in beiden Häusern des Kongresses die Mehrheit, Obama möchte aber eine breite Zustimmung im Kongress erreichen, um die Schuld bei einem Versagen des Konjunkturpakets auch auf die Republikaner abwälzen zu können. Als die GOP-Kongressführer Obama ihre Bedenken bezüglich des Konjunkturpakets klar machen wollten, gab Obama ihnen zu verstehen, dass er schließlich der Präsident sei und sagte: "I won". So sieht also die neue Ära der Überparteilichkeit und Zusammenarbeit in Washington aus. Den Republikanern gefallen vor allem die hohen Ausgaben des geplanten Gesetzes nicht und außerdem kritisieren sie, dass selbst diejenigen Steuerkürzungen bekommen sollen, die gar keine Einkommenssteuern zahlen.

Dieser Blog kann sich gut vorstellen, dass Bush Obama bei einem ihrer Treffen auch ein paar warnende Takte zur US-Presse gesagt hat. Und tatsächlich scheinen Obama und seine Cheerleader in den Medien bereits dabei zu sein, sich auseinander zu leben. Schon in diesen ersten Tagen der Obama-Präsidentschaft gab es zwei heikle Situationen: An seinem ersten vollen Tag im Amt brach Obama mit der Tradition, Pressefotografen im Oval Office Fotos vom neuen Präsidenten machen zu lassen. Statt dessen veröffentlichte die neue Administration nur Fotos, die vom Fotografen des Weißen Hauses gemacht wurden. Daraufhin lehnten die Nachrichtenagenturen Reuters, Associated Press und Agence France-Presse es ab, diese Fotos zu veröffentlichen.
Ein paar Tage später geschah Folgendes: Obama machte eine spontane Stippvisite in den Räumlichkeiten des White House Press Corps. Er kennt diese Journalisten noch nicht so gut, deshalb sei ihm verziehen, dass er wirklich glaubte, sich dort auch nur fünf Minuten aufhalten zu können, ohne dass ihm politische Fragen gestellt werden würden. Als ein Journalist fragte, wie Obama es mit seinem Prinzip, dass er keinen Lobbyisten in seiner Administration einstellen würde, vereinbaren könne, dass für das Amt des Vize-Verteidigungsminsters Lobbyist William Lynn vorgesehen sei, reagierte Obama etwas angekratzt und sagte, er sei nicht gekommen, um Fragen zu beantworten. Tja, dass ihm echte Fragen gestellt werden, ist der gute Mann halt nicht gewohnt. Im Wahlkampf lauteten die Fragen der Journalisten ja eher: "Wie geht es Ihnen heute, Senator?"
Außerdem werden auf der Homepage des Obama-White-House bisher keine Transkripte der täglichen Pressekonferenzen gepostet - anders als zu der Zeit, als Bush noch der Chef war.
Es ist schön zu sehen, dass die von Obama versprochene Offenheit und Transparenz tatsächlich im Weißen Haus eingezogen ist. Way to go, Mr. President.

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